ARAG Verbraucher-Information
Düsseldorf, 18.01.2013
Die Technik macht“s möglich: Immer mehr Hauseigentümer installieren Videokameras, um ihren Grund und Boden zu schützen. Das ist durchaus verständlich, denn wer hat schon gerne Schmierereien an der frisch gestrichenen Hauswand oder Kratzer am geparkten Auto? Auch zur Abschreckung von Einbrechern sind die kleinen Kameras – vor allem mit entsprechenden Hinweisschildern – sicher nützlich. Aber sind sie auch in jedem Fall zulässig? Die Überwachung per Videokamera greift nämlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der betroffenen Hausbewohner oder Passanten ein, die von der Kamera erfasst und deren Bilder aufgezeichnet werden. ARAG Experten informieren, inwieweit die Gerichte den Einsatz der Geräte erlauben und wo sie Grenzen ziehen.
Angrenzender öffentlich zugänglichen Raum
Die Überwachung von Haus- bzw. Geschäftsfassaden ist laut einem Urteil des AG Berlin-Mitte zulässig, wenn dabei nur ein schmaler Streifen des angrenzenden öffentlich zugänglichen Raums erfasst wird (Az.: 16 C 427/02). Im konkreten Fall hatte ein Kaufhausbesitzer seine Schaufensterfront mittels privater Videoaufzeichnung überwacht, um Graffitis und Beschädigungen der Schaufensterscheiben vorzubeugen. Die Kamera erfasste auch einen etwa einen Meter breiten Streifen des angrenzenden Bürgersteigs. Die Richter verwiesen zur Begründung auf § 6 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Danach ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechtes oder berechtigter Interessen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Weil der schmale Bildausschnitt in diesem Fall dazu führte, dass unter normalen Umständen eine Identifizierung der Passanten ausgeschlossen, gleichzeitig aber das Sicherheitsbedürfnis des Kaufhauses erfüllt war, ließ das AG die Videoüberwachung zu.
Kameras im Hausinnern
Wie aber sieht es aus, wenn die Überwachungskamera im Hausinnern Bilder macht? So war es in einem vom AG München entschiedenen Fall: Dort hatte ein Vermieter im Treppenhaus seines Mietshauses eine Videokamera angebracht. Die Kamera machte Bilder von der Innenseite der Haustür und erfasste alle Personen, die das Haus betraten. Eine Mieterin sah dadurch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Amtsrichter gab ihr Recht (Urteil vom 16.10.2009, Az.: 423 C 34037/08). Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Dieses Recht umfasse sowohl die Freiheit, die Wohnung ohne Überwachung zu betreten oder zu verlassen, also auch die Freiheit, ungestört Besuch empfangen zu können. Die Rechtsverletzung überwog nach Ansicht des Richters auch die vom Vermieter behaupteten Beeinträchtigungen. Der hatte argumentiert, es habe in der Vergangenheit Graffiti-Schmierereien an der Außenseite der Haustür und an der Hauswand gegeben. Die könnten indes durch die Kamera an der Innenseite der Haustür nicht verhindert werden, so das Gericht. Auch das KG Berlin verbot in einem Urteil eine Videokamera in einem Mietshaus – und zwar im Aufzug. Die hatte die Vermieterin installiert, weil es dort – allerdings nur ein einziges Mal – zu Schmierereien gekommen war. Die Mieter waren im Vorfeld schriftlich über die beabsichtigte Videoüberwachung informiert worden. Das Gericht attestierte der Vermieterin wegen der beengten räumlichen Verhältnisse im Fahrstuhl einen besonders schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mieter, weil der Betroffene der Videokamera hier „Auge in Auge“ gegenüberstand.
Überwachung auf privaten Parkplätzen
Die Videoüberwachung von privaten Pkw-Stellplätzen kann gleichfalls unzulässig sein. Zu diesem Ergebnis kam das OLG Düsseldorf in folgendem Fall: Eine Wohnungseigentümerin hatte vom Balkon aus ihren Stellplatz gefilmt, an dem ihr ein Sondernutzungsrecht zustand. Begründung: Ihr Pkw sei dort zweimal hintereinander beschädigt worden. Dagegen klagte ein anderer Wohnungseigentümer, dem das Sondernutzungsrecht am übernächsten Stellplatz zustand. Er musste auf dem Weg zum Haus zwangsläufig den überwachten Teil durchqueren und fühlte sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Zu Recht, befand das Oberlandesgericht. Die Überwachung geschah nämlich regelmäßig und über einen längeren Zeitraum, ohne dass er wissen konnte, wann die Kamera eingeschaltet war und ob die Aufzeichnungen weiterverwendet wurden. Das stellte nach Ansicht der Richter eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts dar – hinter der das Interesse der Überwacherin an einem unbeschädigten Wagen zurücktreten musste.
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