Bald ist es wieder soweit, das Oktoberfest, die Wies’n wird eröffnet und internationale Gäste werden sich beim größten Volksfest der Welt die Krüge zuprosten und bei seit Jahren steigenden Preisen feiern. „Es ist eindeutig zu erkennen, dass die Wies’n immer weniger ein sprichwörtliches Volksfest ist, sondern zunehmend nur noch eine Gelddruckmaschine für diejenigen, die sich über Jahre einen Wies‘nplatz erkämpft haben und diesen kommerziell nutzen“, sagt Michael Oehme, Fachjournalist und Consultant bei der Schweizer DocuWare AG. Aus seiner Sicht sollten die Verantwortlichen auch einmal darüber nachdenken, wie in den kommenden Jahren mit den Bürgern der heimlichen deutschen Hauptstadt verfahren werden sollte. Denn München – so viele Millionäre hier auch wohnen mögen – hat auch seine „düsteren Seiten“ und die kann die Bayernmetropole immer weniger verstecken. Derzeit sind rund 11.000 Menschen in München auf eine Grundabsicherung und somit finanzielle Hilfe von der Stadt angewiesen. Für einen Wies‘n-Besuch wird das kaum reichen. Dramatisch auch die Zahl der Familien mit Kindern, die in die Armut rutschen. Bis 2020 rechnet die Stadt zudem mit einer Zunahme auf 24.000 zu betreuende Fälle, immer mehr sind auch ältere Menschen darunter. Denn die Süddeutsche hatte bereits im vergangenen Jahr herausgestellt, dass immer mehr Rentner in München mit wenigen hundert Euro klarkommen müssen. Zieht man noch die Preise für steigende Mieten ab, bleibt eigentlich nichts mehr zum leben. So ist es denn auch kein Wunder, dass der Laden am noblen Viktualienmarkt, der Brot vom Vortag anbietet, seit Jahren besser besucht ist als die meisten anderen. Oder um es mit den Worten eines Besuchers zu sagen: Solche Schlangen kannten wir eigentlich nur in der DDR. „Die Stadt muss aufpassen, dass sie nicht in die falsche Richtung läuft. Die Schickeria-Zeit sollte eigentlich Platz gemacht haben für mehr Realität.“ Hierzu gehört laut Oehme, eine umfassende Planung und das zur Verfügung stellen von bezahlbarem Wohnraum. Auch im Hinblick auf Kindergarten- oder Hort-Plätze kann München nicht wirklich für sich punkten. München sei dabei ein typisches Beispiel, dass ohne private Vorsorge die Altersarmut gewissermaßen vorbestimmt ist.
2012-09-24