Nach einem anonymen Erfahrungsbericht bei Google Maps, hat sich das Unternehmen „Google“ der Störerhaftung schuldig gemacht.
Das Landgericht Berlin hat im April 2012 abschließend über einen interessanten Fall entschieden, in dem ein anonymer Nutzer auf Google Maps einen Erfahrungsbericht über einen Arzt veröffentlicht hat, der wenig schmeichelhaft war. Der Wortlaut war folgendermaßen: „Vorsicht!!!!!!!!!!! der Fuscher!!!! schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser „Behandlung“ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will, ich muss genau überlegen womit ich was abdecken kann. Meine Arme, Mein Po- alles mit Dellen überseht und hängt unvorstellbar hässlich ab. Was ich schon investiert habe in Korrekturoperationen-> nichts hilft mehr! Seid vorsichtig! Seid gewarnt!!! Er ist furchtbar!“
Folgen einer solchen Äußerung in einer Zeitung
Wer einen solchen Beitrag beispielsweise in einer Zeitung veröffentlicht hätte, hätte den Arzt sicher bald als Prozessgegner vor Gericht gesehen. Kein Wunder, denn die Äußerungen sind ruf- und geschäftsschädigend und außerdem extrem beleidigend. Sie erfüllen außerdem den juristischen Tatbestand der Verleumdung. Über den Verfasser der Äußerungen hinaus hätte sich vermutlich auch das Medium, das die Aussage veröffentlicht hat, aufgrund einer Mitschuld vor Gericht wiedergefunden.
Im Internet
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, doch in der Rechtsprechung gab bisher wenig Urteile in dem Gebiet. Es gab lediglich ein Urteil durch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe, das ähnlich ausfiel wie die Entscheidung des Landgerichts Berlin. Bei ähnlich gearteten Vorfällen hatten sich die Betreiber der Seiten, auf denen Erfahrungsberichte oder Meinungen veröffentlicht werden, meist auf die Meinungsfreiheit berufen und keinen Anlass gesehen, negative Einträge zu entfernen oder zumindest nachzuprüfen.
Vorgehensweise des Arztes
Da der Verfasser der wenig schmeichelhaften Beurteilung anonym war, wendete sich der Arzt an Google als den Betreiber der Seite Google Maps. Er forderte Google auf, die fragliche Beurteilung zu entfernen, doch Google lehnte mit dem Hinweis auf das Recht zur freien Meinungsäußerung ab, und der streitgegenständliche Negativ-Eintrag verblieb auf der Seite von Google Maps. Daher entschied sich der Arzt, gegen Google als Betreiber zu klagen, und zwar sowohl im Eilverfahren (um den Eintrag schnellstmöglich entfernen zu lassen) als auch im regulären Verfahren.
Tatbestand der Störerhaftung
Dabei hat sich Google des Tatbestandes der Störerhaftung schuldig gemacht. Dieser juristische Begriff bedeutet, dass eine – natürliche oder juristische – Person in irgendeiner Art und Weise an der Verbreitung von Inhalten, die rechtlich zu beanstanden sind, beteiligt ist. Der auf Google Maps veröffentlichte Erfahrungsbericht erfüllt beispielsweise den Verleumdungstatbestand und ist daher als rechtlich zu beanstandender Inhalt einzustufen. Nun ist es Google an sich nicht zuzumuten, alle Einträge auf seinen Seiten, auf denen auch anonym veröffentlicht werden kann, zu prüfen – doch der fragliche Fall ist anders gelagert, da der klagende Arzt Google nachweislich aufgefordert hatte, den streitgegenständlichen Eintrag zu entfernen, worauf Google den Eintrag als zulässige Meinungsäußerung charakterisierte und ihn nicht entfernen wollte. Der Arzt musste also folgerichtig auf Unterlassung klagen, um den Eintrag entfernen zu lassen.
Verfahren und Urteil
Im Eilverfahren bekam der Arzt schnell recht – dies akzeptierte Google und entfernte den Eintrag unverzüglich. Am 05.04.2012 entschied dann das Landgericht Berlin im Hauptverfahren über den Sachverhalt und den Unterlassungsanspruch, den der Arzt gegenüber Google als Betreiber von Google Maps geltend machte. Es stufte den anonymen Eintrag als Tatsachenbehauptung ein und entschied, dass Google in der Störerhaftung sei und es zu unterlassen habe, den Eintrag zu veröffentlichen – somit gab das Landgericht Berlin im Urteil mit dem Aktenzeichen Az. 27 O 455/11 dem klagenden Arzt, einem plastischen Chirurgen aus Berlin, recht.
Fazit
Wie sich dieses Urteil auf die Rechtspraxis von Betreibern von Internetseiten, auf denen Nuter anonym, unter einem Pseudonym oder mit dem richtigen Namen Beurteilungen von Produkten, Dienstleistungen etc. veröffentlichen können, auswirkt, ist noch unklar. Es ist kaum möglich, dass beispielsweise Auktionshäuser wie eBay alle Bewertungen durch Käufer überprüfen. Wenn aber ein Betroffener, der eine nicht den Tatsachen entsprechende negative Beurteilung erhält, sich an den Betreiber wendet (wie im vorliegenden Fall), ist die Rechtslage anders – dann ist der Betreiber zur Prüfung verpflichtet und muss den beanstandeten Eintrag unter Umständen auch entfernen.
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